Braunschweiger Logistik-Start-up wächst und wächst

Unser Geschäftsführer und CEO Dr. Daniel Steinke im Interview mit Hannah Schmitz von der Braunschweiger Zeitung. Der Artikel ist am 11.01.2023 im Wirtschaftsteil der Braunschweiger Zeitung erschienen.

Hier geht es zur PDF Version des Interviews.

JITpay™ schließt eine Marktlücke in der Branche – und will bald schon Milliarden umsetzen

Braunschweig. Als wir uns kurz vor Weihnachten zu einem Gespräch treffen, ist nicht ganz klar, ob es nun in der zehnten oder elften Etage des BraWo-Büroturms in Braunschweig stattfinden soll. Das elfte Stockwerk im Hochhaus nahe dem Hauptbahnhof hat JITpay™ gerade erst zusätzlich bezogen. Diese räumliche Vergrößerung versinnbildlicht das enorme Wachstum, das das Start-up aus Braunschweig hinlegt. Der Finanzdienstleister hat 2022, in seinem erst dritten operativen Geschäftsjahr, rund 200 Millionen Euro Umsatz gemacht, und seinen Erlös damit im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdreifacht.

Schon in wenigen Jahren, 2026, soll der Umsatz die Milliarden-Marke sprengen. „Wir haben uns vorgenommen, fünf Milliarden Euro Umsatz zu machen“, sagt Daniel Steinke, Gründer und Unternehmenschef von JITpay™. Am Konferenztisch im elften Stock, mit weitem Blick über die Stadt, fragt man sich kurz, ob man sich verhört hat. Aber nein: „Der Markt ist groß“, erklärt der 49-Jährige. Und der Markt hat offenbar auch einen Riesen-Bedarf. Denn bislang habe sich um die kleinen „Truckerfirmen“, wie Steinke sie nennt, kaum ein Dienstleister gekümmert.

Laxe Zahlungsmoral

Der Finanzdienstleister organisiert und digitalisiert den Abrechnungsprozess zwischen kleinen und mittelständischen Transportunternehmen und deren Auftraggebern. Rund 85 Prozent der Fuhrunternehmen haben nur kleine Flotten mit maximal bis zu zehn Lkw, berichtet Steinke. 27 Prozent haben sogar nur einen einzigen Lkw. Diese Firmen seien oft Familienbetriebe, in denen der Mann selbst auf dem „Bock“ sitze, während die Frau im Büro die Buchhaltung mache. Manchmal sei noch der Sohn oder ein weiterer Mitarbeiter mit im Geschäft.

„Wir möchten ihr digitaler kaufmännischer Leiter sein“, erklärt Steinke. Denn: „Sie sind Trucker, und keine Kaufleute“, meint der JITpay™-Chef. Soll heißen: Viele arbeiteten häufig analog, mit Papier und Post, oder schickten Abrechnungen schon einmal zeitverzögert heraus. Andererseits hätten es diese kleinen Betriebe mit großen Speditionen als Kunden zu tun, die jede Möglichkeit nutzten, später zu zahlen. „Bei einem Zahlungsziel von 30 Tagen wird im Durchschnitt erst nach 45 bis 60 Tagen gezahlt“, sagt Steinke. Für die kleinen Firmen, die Diesel und Mautgebühren vorfinanzieren müssen, ist das eine große Belastung. „Unser Start-up löst ein echtes Problem“, ist Steinke überzeugt.

JITpay™ hingegen bezahlt den Fuhrunternehmen, sobald sie ihre Auftragsbescheinigung in die Datenbank des Dienstleisters hochgeladen haben, die Hälfte der künftigen Erlöse – damit können diese etwa Tankfüllungen bezahlen. Den Rest bekommen die Transportfirmen, sobald sie ein Foto oder Scan des Ablieferbelegs hochgeladen haben. Bisher wurden solche Belege von Auftraggebern laut Steinke gern im Original per Post angefordert – das kostet Zeit und damit Geld. Mit der Vorfinanzierung, glaubt Steinke, werde das gesamte Berufsbild des Fuhrunternehmers attraktiver. „Mehr Menschen können sich selbstständig machen – alles, was sie brauchen, ist ein Auftrag“, sagt er.

Den Auftraggebern, also Speditionen wie beispielsweise Schenker oder Dachser, gewährt JITpay™ hingegen flexible Zahlungsbedingungen. Allerdings: „Wir haben ein straffes Debitorenmanagement und kümmern uns notfalls auch um Originalbelege oder mahnen Zahlungen an“, sagt Steinke. Als Bafin-reguliertes Finanzinstitut mit einer Warenkreditversicherung „hinten dran“ würde das Braunschweiger Start-up grundsätzlich verlässlich und schneller bezahlt werden, als die kleine Truckerfirma ohne Marktmacht.

Dabei geht es nicht um Riesen-Summen: Eine durchschnittliche Ticketgröße beträgt 650 Euro, JITpay™ verlangt für seine Dienstleistung bei einem Zahlungsziel von 30 Tagen 1,99 Prozent Gebühr – also bei 650 Euro Auftragswert 12,94 Euro. Im vergangenen Jahr hat JITpay™ eigenen Angaben zufolge 150.000 Rechnungen angekauft, dahinter würden rund 9000 Lkw stehen. Das Geld zur Vorfinanzierung der Rechnungen holt sich JITpay™ am Kapitalmarkt, an dem es seine Forderungen verbrieft.

Und der Kundenstamm wächst und wächst: Zuletzt hat der Dienstleister 100 Neukunden pro Monat gewonnen, für dieses Jahr avisiert er 250 Neukunden pro Monat an. Aktuell umfasst der Kundenstamm rund 2000 Betriebe – drei Viertel davon hat Jitpay™ im vergangenen Jahr gewonnen. Entsprechend baut das Start-up auch seine eigene Belegschaft auf – sie hat sich 2022 auf 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verdoppelt und soll weiter wachsen.

Volksbank BraWo ist investiert

Steinke, der sich selbst als „Logistiker durch und durch“ bezeichnet, erzählt begeistert von dieser Entwicklung. Der 49-jährige Braunschweiger gründete die Firma 2016, seit 2018 ist Dennis Wallenda an Bord, vergangenes Jahr kam dann Manuel Faeh als Co-Geschäftsführer dazu. Im Jahr 2018 bekam das Start-up auch die für das Geschäftsmodell notwendige Factoring-Lizenz, im selben Jahr stieg die Volksbank Braunschweig-Wolfsburg unter dem Vorsitzenden Jürgen Brinkmann mit 5 Millionen Euro ein und sicherte sich damit 25,1 Prozent der Geschäftsanteile.

Damit bewies Brinkmann laut dem „Platow-Brief“ aus Frankfurt „einmal mehr seinen guten Riecher bei bankfernen Geschäften“. Steinke erinnert sich: „Das war zu diesem Zeitpunkt ein Mega-Erfolg.“ Steinke selbst legte 2019 sein Geschäftsführungsmandat bei der Braunschweiger Logistikberatung HDS Consulting nieder, wie die „Deutsche Verkehrszeitung“ berichtete – und konzentriert sich seitdem ausschließlich auf JITpay™.

EUROWAG kauft sich ein

2020 erwischte die Corona-Pandemie das junge Unternehmen eiskalt – wie so viele. Die Geschäftsführung entschloss sich, mit dem Start-up unkonventionelle Wege einzuschlagen. „Wir haben in allen Verbänden für uns Werbung gemacht und eine 30-Tage-Zwischenfinanzierung für 0,99-Prozent angeboten. Das lief wie geschnitten Brot“, berichtet Steinke. Das „Zusammenreißen“ zahlte sich aus: Nach drei Jahren Aufbauarbeit erwirtschaftete das Unternehmen im ersten operativen Geschäftsjahr 2020 einen Umsatz von rund 30 Millionen Euro. Seitdem geht es steil bergauf.

2021 schloss JITpay™ eine Kooperation mit TIMOCOM, eine zu den europäischen Marktführern gehörende Fracht- und Laderaumbörse. Damit erhielt das Start-up Zugang zu vielen neuen potenziellen Kunden.

Vergangenes Jahr kaufte sich im September dann der an der Londoner Börse notierte Mobilitätsdienstleister Eurowag mit 9,9 Prozent in den Finanzdienstleister ein, dessen Unternehmenswert damals „im deutlich dreistelligen Millionenbereich“ lag. Für JITpay™ ist das laut Mitteilung „der nächste Wachstumsschritt auf dem Weg zum führenden, digitalen Abrechnungs- und Finanzdienstleister für die mittelständische Logistikbranche in Europa“. Zusammen wollen die strategischen Partner ein gesamtes digitales Ökosystem für Transportunternehmen aufbauen. Ein Jahr zuvor, 2021, hatte die Volksbank BraWo ihr Anteilskapital noch einmal aufgestockt. Der Ankerinvestor hält nun noch mehr als 20 Prozent an JITpay™.

Das Braunschweiger Unternehmen hat bereits Standorte in der Schweiz, Polen und Rumänien und will weiter in den Süden Europas vordringen, so plant JITpay™ etwa die Eröffnung eines Standorts in Spanien. Der Finanz- und Abrechnungsdienstleister möchte „der gute Partner der Trucker sein“, sagt der Gründer Steinke und betont: „Wir sind nicht die Heuschrecke.“

 

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